Dem Hund geht es nicht mehr gut, sie müssen sich verabschieden“ – wie ein Dolch traf mich dieser Satz. Und dann kamen sie diese Fragen… – Wieviel Zeit dürfen wir uns noch nehmen? Wann ist der richtige Zeitpunkt gehen zu lassen…. Vielleicht wäre der richtige Zeitpunkt schon kurz vor Weihnachten gewesen, aber dann kam die ganze Familie zusammen, Weihnachten … „Ich glaube sie dachte sich, ne, die sind hier alle noch nicht soweit, die brauchen noch ein bisschen Zeit“, so formulierte es Oliver – und so hielt sie weiter noch 3 Wochen für uns durch.
Cleo war unser erster Hund – ein sorgsam geplantes Familienmitglied – und sie gab unserem Leben eine völlig neue Richtung. Ich hätte nie gedacht, dass das Leben mit Hund so bereichernd sein kann, dass mir Hundeschule und Hundesport so viel Spaß machen werden, dass früh morgendliche Spaziergänge einmal ein so erfüllender, nicht mehr wegzudenkender Bestandteil meines Tages sein werden. Wir ließen uns zum ersten Mal in unserem Leben mit Cleo aktiv auf ein Vereinsleben ein, lernten im Laufe der Zeit wertvolle Freunde kennen - und unsere Freunde lernten Cleo kennen:
„Cleo war für uns der unkomplizierteste PON den wir kennenlernen durften! Ich sehe sie heute noch mit ihrem roten Ball“
Cleo forderte zu Beginn jeden Spaziergangs ihren kleinen PON Ball ein. Den trug sie dann aufrecht, voller Stolz, so wie jemand eine Verantwortung trägt. Als wäre das der eigentliche Sinn dieses Spaziergangs... Man konnte sie fragen, ob man ihn schmeißen soll, dann überlegt sie kurz und warf ihn dir vor die Füße oder drehte den Kopf zur Seite und marschierte weiter. Ohne diesen Ball hatte man eher das Gefühl man zieht eine Tigerente hinter sich her..
„Ich werde ihre bettelnden Krallen an meinem Schienbein vermissen“
Jeder der mit ihr Zeit verbracht hatte, kannte es, diesen anhimmelnden Blick einer vorsitzenden Cleo …und dann kamen die Krallen. ABER – nur füttern, nicht anfassen!
„Ich werde diese vielen witzigen Ballrettungsaktionen für sie in der Donau niemals vergessen“
Sie liebte das Wasser, sie schwamm wirklich gerne - wenn alle Umstände dazu passten – und dann auch nur um ihren Ball zu holen. Sonst hätte das ja alles keinen Sinn. Hatte ich schon erwähnt, dass Cleo unglaublich überlegt war? Dieser Hund dachte nach, schmiedete einen Plan. So trieben dann eben auch etliche Bälle die Donau in der Zwischenzeit fort bis ins Schwarze Meer…. Bis sie den richtigen Einstieg gefunden hatte, sich langsam an die Wassertemperatur angepasst hatte, immer das Ziel fokusierend, war es eben leider auch oft zu spät. Dann starteten blitzschnell und unüberlegt unsere kopflosen Ballrettungsaktionen – denn ohne Ball weiter Spazierengehen war auch kein Spaß
„Eine Woche Couchsurfing a la Cleo… 2 Tage Ignoranz, 5 Tage Erläuterung ihrer neuen Hausregeln mit Bettbesuch als Belohnung der Einhaltung. Letzter Tag bei Frauchens Wiederkehr…Ignoranz der Couchsurfingstätte“
„Du weißt ja, Cleo war mein Urpon…“
„Cleo, die Mutter der PONs ohne je Nachwuchs gehabt zu haben. DER Hund, wenn ich an charmante Hartnäckigkeit denke. Mit ihr hat alles begonnen, sie hat alles geprägt und gestartet“
Cleo war kein Hund, so vieles an ihr hatte so unglaublich menschliche Züge. Sogar ihr Spiel mit uns war nicht etwa zerren an Tauseilen oder Quietschies, sondern sie liebte beispielsweis das Versteck spielen - nur dass SIE sich versteckte! Dann mussten wir sie suchen (zumindest so tun als ob) und plötzlich sprang sie dann hinter einem Busch hervor und freute sich wie bekloppt.
Cleo suchte sich ihre Spielpartner ganz bewusst und gezielt aus – wer den Ball unberechenbar schmiss war raus (Susanne), wer zu weit schmiss war raus (Philipp), wer meinte dabei telefonieren zu können war raus….(ich!) Der durfte dann seinen Ball dann eben selber wieder holen.
Cleo brauchte eigentlich nur mich! Viele Unternehmungen ohne mich scheiterten an der Tatsache, dass ihr so vieles einfach nur mit mir richtig Spaß gemacht hat. Weil sie es eigentlich nur FÜR mich machte? Ich weiß es nicht…. Das ließ leider immer wieder auch das ein oder andere Familienmitglied in Rage geraten. Eben immer, wenn man mit ihr etwas machen wollte oder musste, was sie jetzt aber eigentlich mit MIR machen wollte. Ob ein Spaziergang oder auch das Training in der Hundeschule – und da half dann auch kein Leckerli – da war sie konsequent!
Andererseits war es durch diese Tatsache für mich auch sehr einfach sie mitzunehmen, auch wenn ich mich in dieser Zeit um ganz andere Dinge kümmern musste. Sie war wie mein Schatten. Cleo achtete auf mich, ich musste nicht ständig schauen was sie gerade tut, wo sie bleibt. Ich wusste sie ist immer in meiner Nähe, sie passte auf, mich nicht zu verlieren.
Man musste sie generell gar nicht erziehen – sie kooperierte oder kooperierte eben nicht. Sie lernte unglaublich schnell. Die Kinder brachten ihr so wahnsinnig viele Kunststücke bei. In jedem Hundesport den ich mit ihr anfing war sie sofort ein wahrer Überflieger – so überlegt und konzentriert
Von unsren Plänen sie decken zu lassen und dann ein Mädchen zu behalten hielt sie allerdings überhaupt nichts. Wir haben wirklich viele 1000 Km abgeschrupt, um ihr verschiedene Rüden vorzustellen, aber nein, auch hier wusste sie ganz genau was sie wollte und das waren mit Sicherheit keine Welpen!. „Sich aufopferungsvoll um eine Horde Welpen zu kümmern entsprach eher nicht ihrem Wesen“ . Aber Jahre später, mich zu unterstützen, nachts, auf einer schmalen kleinen Matratze vor der Wurfkiste mit Tiquila und ihren Welpen, das war wiederum selbstverständlich für meine treue Seele
Tiquila zog bei uns ein als Cleo 3,5 Jahre alt war. Mit ihr änderte sich Cleos Leben enorm. Nachdem sie 3 Tage lang erfolglos versuchte diesen kleinen aufgeweckten Welpen durch Ignorieren los zu werden, hatte sie Tiki akzeptiert – fürs ganze Leben. Es gab kein einziges Mal Streit zwischen den beiden, aber ich würde ihre Beziehung auch nicht als Freundschaft bezeichnen. Sie war eben da und in Zukunft würden sie als Team auftreten – Tiki vorne und Cleo hinten.
Ich glaube sie hatte ein wunderbares Leben für eine sehr lange Zeit. Am meisten an Lebensqualität nahm ihr leider die mit 8 Jahren beginnende Blindheit durch PRA. Erst Nachtblindheit, dann konnte sie nur noch Umrisse erkennen, dann ein wenig hell oder dunkel unterscheiden und schließlich, mit etwa 12 Jahren, überhaupt nichts mehr sehen. In ihrem letzten Lebensjahr tat ihr oft das Kreuz weh wegen einer fortschreitenden Spondylose und auch ein Tumor nistete sich in der Lunge ein. Aber alles konnten wir irgendwie händeln, sie bekam Schmerztabletten, Osteopathie, Günther baute einen elektrischen Schiebewagen. So konnte sie immer dabei sein und so viel Laufen wie es ihr möglich war. Aber gegen diese grausame Blindheit und die damit verbundene Orientierungslosigkeit waren wir machtlos….
Meine liebe Cleo, wir haben den Zeitpunkt gewählt.… Du hast uns den ganzen Abend bei dir um deinen Sitzsack sitzen und dich kraulen lassen, ohne aufzustehen und lieber in dein Bett zu gehen wie gewohnt. Wahrscheinlich hast du gespürt, dass wir Abschied nehmen müssen.
Als du klein warst haben wir dir einmal einen Schlafhund geschenkt, einen Hund in Form einer kleinen Decke. Dieser Hund wurde für dich DAS Zeichen von Urlaub, wegfahren, unterwegs sein. Er gab dir Sicherheit und Ruhe, wo auch immer wir waren. Hier hast du deinen von uns zugewiesenen Platz gefunden. Mit deiner Blindheit und damit verbundenen Orientierungslosigkeit wurde dieser Hund später noch viel wichtiger.
Am 15.1 2021 hast du dann völlig friedlich, mit deinem Reisehund auf meinem Schoß, deine letzte Reise angetreten.
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